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Musica di Strada – Italien in Prenzlauer Berg
Arbeitsmigration aus Italien ist kein Phänomen der 1960er-Jahre ist. Das zeigt eine gemeinsame Ausstellung des Museums Pankow und des Stadtmuseums Berlin.
Schon rund 100 Jahre früher verließen viele Menschen ihre italienische Heimat, um anderswo auf der Welt bessere Lebensbedingungen zu finden. Zwischen 1861 und 1914 kamen sie meist aus Oberitalien und brachten verschiedene handwerkliche Fähigkeiten mit. Auch die aufstrebende Metropole Berlin war ein beliebtes Ziel der Auswanderer.
In Prenzlauer Berg entstand rund um die Schönhauser Allee eine kleine italienische Kolonie aus Handwerkern, Musikern und Schaustellern.
Ein Schwerpunkt der Ausstellung sind mechanische Musikinstrumente, die von einigen der italienischen Familien hier produziert wurden. Auch weit über die Grenzen Berlins hinaus machte sich die Firma „Cocchi, Bacigalupo & Graffigna“ einen Namen. Sie produzierten Drehorgeln und aufwendige Orchestrien.
Viele solcher Instrumente werden in der Ausstellung gezeigt. Die meisten stammen aus der Sammlung des Märkischen-Museums. Das ist derzeit wegen Sanierung geschlossen und hat diese Ausstellungstücke zur Verfügung gestellt. Auch, damit sie nicht »einrosten«, denn die Mechanik muss regelmäßig in Betrieb genommen werden, damit sie funktionstüchtig bleibt.
Das passiert immer sonntags um 11 Uhr. Unter dem Motto »Alt, schön, laut!« werden dann einige der Instrumente vorgeführt und gespielt. Sicherlich der beste Zeitpunkt, um die Ausstellung zu besuchen. Allerdings ist es dann auch besonders voll.
Wer nicht in den Genuss einer Live-Vorstellung kommen kann, hat an vielen Ausstellungstücken die Möglichkeit über einen QR-Code Klangbeispiele abzurufen.
Faszinierend, welche Klangvielfalt solche mechanischen Instrumente wiedergeben konnten und welche Aufwand dafür getrieben wurde. Die großen Geräte standen meist in Gasstätten oder anderen öffentlichen Orten. In die heimischen Wohnstuben kam die Musik dann erst mit der Verbreitung des Grammofons.
Immerhin bis in die 1970er-Jahre wurden in der Schönhauser Allee 74 noch Drehorgeln produziert und in die ganze Welt verkauft. Eine Gedenktafel erinnert daran.
Ganz in der Nähe, am S-Bahnhof »Schönhauser Allee«, kann man gelegentlich einen Drehorgelspieler live erleben. Ob er eine „Bacigalupo“ spielt, weiß ich allerdings nicht.
Auf jeden Fall eine sehr besuchenswerte Ausstellung, die eine spannende Mischung aus Technik-, Musik- und Kulturgeschichte bietet.
Zu sehen ist sie noch bis zum 19. Oktober 2025. Danach werden die Instrumente wahrscheinlich wieder im dann hoffentlich fertig sanierten »Märkischen Museum« zu sehen sein.
Geöffnet ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.