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Hallo [subscriber:firstname | default:],

 

der Sommer hat in diesen Tagen noch mal einen Endspurt eingelegt.  Offiziell fängt an diesem Wochenende nun aber der Herbst an. Verrückt, wie schnell dieser Sommer wieder vergangen ist. 

Aber Berlin hat ja zu jeder Jahreszeit seine Reize. Egal, ob drin oder draußen.  Ein paar Vorschläge für Unternehmungen habe ich wieder für dich zusammengestellt.

Viel Spaß dabei,

wünscht

Christoph, der Berlinspazierer 🚶‍♂️

Mäusegolf und Brutalismus

Wirklich schön ist das Ziel meines heutigen Ausflugstipps nicht.

Im Gegenteil könnte man sagen, ich habe wohl selten ein hässlicheres Gebäude gesehen.  Gerade das macht neugierig.

Offiziell hieß das Haus »Forschungseinrichtung für experimentelle Medizin«, umgangssprachlich den Berlinern besser bekannt als »Mäusebunker«.  Hier befanden sich die zentralen Tierlaboratorien der Freien Universität Berlin.  Labore, Büros und Tierställe. waren hier untergebracht.

Seit 2020 steht das Gebäude leer. Es liegt wenige Meter vom Teltow-Kanal in Berlin-Lichterfelde entfernt und ist ein Bilderbuchbeispiel für die Architektur des Brutalismus.

In dieser Woche gibt es die Gelegenheit, das Gelände zumindest teilweise zu betreten. Es findet hier das »Festival für Urbanes Wohlergehen« statt. 

Klingt ein wenig hochtrabend, die Idee ist aber ganz charmant.  

Geboten werden diverse Aktivitäten für Kinder und Erwachsene. Besonders hat mir das »Mäusegolf« gefallen.  Auf einer selbst erstellten Minigolfbahn kann gespielt werden.  Man kann sich auch noch neue Hindernisse ausdenken und dazu bauen. 

Auf jeden Fall kommt das Gelände durch diese Aktionen wieder ein wenig in den Blickpunkt. Ich bin sehr gespannt, was aus dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude und dem umliegenden Gelände einmal werden wird. Konkrete Pläne gibt es, soweit ich weiß, nicht.  Es ist zwar hässlich, aber auf eine Weise natürlich auch etwas sehr Besonderes.  Es ist ein trauriges Denkmal für das Leid, was den Tieren hier zugefügt wurde.

Das Gelände ist in dieser Woche jeweils ab 11 Uhr geöffnet. Die meisten Angebote finden am Wochenende statt (siehe Programm). Erreichen kann man den Mäusebunker gut mit dem Bus M85 oder 285 bis zur Haltestelle Krahmerstr./Stockweg.

Nach dem Besuch an diesem ziemlich grauen Ort empfehle ich noch einen Spaziergang am Teltow Kanal.  Auf dem gegenüberliegenden Ufer kann man sich unter anderem das Lilienthal-Denkmal anschauen oder bei TOMASA Kaffee trinken gehen und sich im Grünen vom Grau(en) des Mäusebunkers erholen. 

Vom Radfahrer zum Maler

Einem eher weniger bekannten französischen Künstler widmet das Barberini Museum Potsdam eine große Retrospektive. 

Gezeigt werden Werke von Maurice de Vlaminck (1876–1958). Es ist fast 100 Jahre her, dass eine ähnlich umfangreiche Ausstellung seiner Bilder in Deutschland gezeigt wurde. 

Ich muss gestehen, mir war er bisher nicht bekannt, obwohl er zu den führenden Vertretern der französischen Avantgarde gehört. 

Aufsehen erregte er zu Anfang des 20. Jahrhunderts mit für die damalige Zeit wilden Bildern in kräftigen Farben.  Gemeinsam mit anderen Künstlern wie Henri Matisse prägte er den Stil des »Fauvismus« (Fauves=wilde Tiere). 

Eigentlich wurde de Vlamink eher durch Zufall zum Maler.  Seine Leidenschaft galt dem Radsport. Er war Profiradrennfahrer und Mechaniker.  Die Malerei betrieb er nur nebenbei. 

Einem Zugausfall verdankt die Kunstwelt die Tatsache, dass er dann doch zu einem professionellen Künstler wurde.   Beim Warten auf den Zug lernte er den Maler André Derain (1880-1954) kennen. Sie mussten letztlich zu Fuß nach Paris laufen und auf dem Weg überzeugte er ihn, es doch mit der Malerei zu versuchen.  Sie teilten sich ein Atelier und Derain stellte auch einen Kontakt zu Matisse her.  

Manchmal haben verspätete Bahnen eben auch ihre Vorteile. 

De Vlaming stand neuen Entwicklungen in der Kunst immer sehr offen gegenüber.   Sein Werk ist sehr vielseitig.   Vom Kubismus, über Expressionismus bis zum Post-Impressionismus. 

Er verstand sich aber immer auch als Rebell. Ganz bewusst verweigerte er eine akademische Ausbildung. Vincent van Gogh war sein großes Vorbild. Auch der war Autodidakt. 

In der Nazizeit wurden, seine Bilder als entartete Kunst diffamiert.  Merkwürdigerweise hatte er trotzdem eine große Bewunderung für Deutschland. Er war mit Arno Bräker befreundet und hielt die Entwicklungen in der französische Kunst für einen Irrweg. 

Das haben ihm die Franzosen wohl bis heute nicht verziehen.  in Ausstellungen werden dort meist nur Werke gezeigt, die er bis zum 1. Weltkrieg geschaffen hat. 

Umso interessanter ist die Ausstellung in Potsdam, die eine umfassende Werkschau liefert. Ein schwieriges Unterfangen, weil seine Werke in der ganzen Welt verstreut sind und oft im Privatbesitz. 

Man sollte auf jeden Fall die Chance nutzen, diesen interessanten Künstler für sich neu oder wiederzuentdecken. 

Gelegenheit dazu gibt es noch bis zum 12. Januar 2025.  Geöffnet ist täglich, außer dienstags, von 10 bis 19 Uhr. Der Eintritt kostet werktags  16,– € und an den Wochenenden 18,– €.   Inbegriffen ist auch ein Besuch in der immer wieder sehenswerten Impressionisten-Sammlung von Hasso Plattner.  

Träum weiter – Berlin in den 90ern

Zurück in die 1990er Jahre in Berlin führt uns eine neue Foto-Ausstellung bei C/O Berlin.

Das war eine spannende Zeit des Aufbruchs und der Veränderung.  Nicht nur die DDR hörte auf zu existieren, sondern auch das alte West-Berlin veränderte sich radikal.

Es war eine Zeit, in der alles möglich schien. So empfand es wohl auch eine Gruppe von Fotograf*innen aus der gerade verschwundenen DDR, die 1990 die Agentur OSTKREUZ gründeten.  Mit dabei waren beispielsweise Sibylle Bergemann, Harald Hauswald, Ute Mahler und Annette Hauschild.  Sie hat die aktuelle Ausstellung auch mit kuratiert. 

Die Bilder der OSTKREUZ-Agentur sind sehr präsent, wenn es um die Erinnerung an diese Zeit geht.  Viele Fotos kennt man (und sieht sie immer wieder gerne), aber es gibt auch einiges Neues in der Ausstellung zu entdecken.  Oft sind es Fotos, die damals wenig interessant erschienen, weil sie einfach nur Alltag zeigten. Mit dem Zeitabstand von mehreren Jahrzehnten sieht man gerade solche Bilder mit ganz anderen Augen und bekommt lebendige Eindrücke über die Atmosphäre dieser wilden Jahre. 

Der Titel der Ausstellung »Träum weiter« ist natürlich bewusst doppeldeutig gewählt.  Schon damals wurde manch einer belächelt, der von einem besseren Deutschland und einer gleichberechtigten Einheit träumte. 

Manche Träume haben sich zerschlagen.  Vieles ist anders gekommen als erwartet. Manches wurde besser, anderes schlechter. 

Aber der Rückblick auf die vergangenen Jahre zeigt auch, dass es sich lohnen kann, weiter zu träumen.  Manches, was man nie für möglich gehalten hätte, ist eingetreten. 

Egal, ob man die 90er Jahre in Berlin selbst miterlebt hat, oder sie nur aus Erzählungen kennt, die Ausstellung ist für jeden interessant.  Die Älteren werden alte Erinnerungen auffrischen und die Jungen werden oft staunen, was damals alles möglich war. 

Noch bis zum 22. Januar 2025 ist die Ausstellung zu sehen.  Geöffnet ist täglich von 11 bis 20 Uhr.  Der Eintritt kostet 12,– € und gilt dann auch für die zwei anderen aktuellen Ausstellungen im Haus. 

Kurztipps

Mein Foto der Woche

Das Bild ist zwar schon etwas älter, aber so ähnlich wird es auch an diesem Samstag (21.9.) wieder auf dem Tempelhofer Feld aussehen. 

Zum 11. Mal findet dort das Festival der Riesendrachen statt.  Zwischen 11:00 und 20:00 Uhr werden internationale Drachenpiloten ihre in der Regel selbstgefertigten Drachen am Himmel präsentieren.  Bis zu 50 Meter groß sind die fantasievollen Gestalten. Nicht nur für Kinder ein großer Spaß. Das Wetter scheint auch mitzuspielen. 

Der Eintritt ist frei.

Für mehr Fotos aus Berlin und Umgebung folge mir gerne auf Instagram