Kleiner Park mit viel Geschichte

Der Heinrich-von-Kleist-Park in Schöneberg, meist einfach nur Kleistpark genannt, ist kein sonderlich großer Park. Ich würde ihn fast eher als Grünanlage bezeichnen. Trotzdem lohnt ein genauer Blick, denn hier gibt es jede Menge historische Spuren.

Im Juli 2025 wurde der Park nach langjährigen Bauarbeiten wiedereröffnet. Die Anlage wurde denkmalgerecht saniert. Die Rasenflächen sind frisch eingesät, die Beete neu angelegt. Für Hunde ist der Rasen jetzt tabu – dafür gibt es im westlichen Teil ein eingezäuntes Hundeauslaufgebiet.

Schon 1679 ließ der Große Kurfürst hier seinen Hof- und Küchengarten anlegen. Der Park zählt damit zu den ältesten Gartenanlagen Berlins. 1801 wurde auf dem Gelände der erste Botanische Garten der Stadt eröffnet. Doch nach gut hundert Jahren wurde es zu eng – 1906 zog der Botanische Garten nach Dahlem, wo er sich noch heute befindet. Ein kostenloser Audioguide erinnert zumindest akustisch an den alten Botanischen Garten. Zu sehen ist davon fast nicht mehr. Nur das Gebäude des ehemaligen Königlich Botanische Museums steht noch. Heute ist dort das Kulturzentrum Haus am Kleistpark untergebracht.

Kurze Zeit nach dem Wegzug des Botanischen Gartens wurde ein Teil des ehemaligen Geländes ganz anders genutzt: 1909 entstand hier die Radrennbahn Botanischer Garten. Doch schon am Eröffnungstag kam es zur Katastrophe. Bei einem Steherrennen schleuderte ein Schrittmacher-Motorrad ins Publikum, explodierte und riss neun Menschen in den Tod. Über 40 weitere wurden schwer verletzt. Es war das schwerste Unglück in der Geschichte des deutschen Radsports. Die Bahn wurde daraufhin wieder abgerissen.

Am 21. November 1911, zum 100. Todestag von Heinrich von Kleist, erhielt der Park seinen heutigen Namen. Eine kleine, etwas versteckt aufgestellte Büste erinnert an den Namensgeber.

Ein besonderer Blickfang sind die Königskolonnaden, die den repräsentativen Eingang an der Potsdamer Straße markieren. Sie stammen ursprünglich aus dem 18. Jahrhundert und wurden von Carl von Gontard entworfen. Zunächst standen sie an der Königstraße (heute Rathausstraße) in Mitte, mussten dort aber im Zuge von Straßenbaumaßnahmen entfernt werden. Seit 1910 bilden sie nun hier am Kleistpark eine würdige Kulisse.

Die Kolonnaden lenken den Blick auf das unmittelbar an den Park grenzende imposante Gebäude des Kammergerichts. Ein etwas unscheinbarer Gedenkstein erinnert an die unrühmlichsten Zeiten dieses Gebäudes. Während der NS-Zeit tagte hier der Volksgerichtshof unter Roland Freisler. Auch die Todesurteile gegen die Beteiligten des Attentats vom 20. Juli 1944 wurden in diesem Gebäude gefällt.

Nach dem Krieg übernahmen die Alliierten das Haus. Der Alliierte Kontrollrat hatte hier seinen Sitz – er war die oberste Regierungsinstanz in den Jahren nach 1945. In diesem Gebäude wurde 1971 auch das Viermächteabkommen über Berlin unterzeichnet.

Heute ist das Gebäude wieder seiner ursprünglichen Bestimmung zugeführt. Es beherbergt das höchste Zivil- und Strafgericht Berlins. Wer durch das monumentale Treppenhaus mit seinen stuckverzierten Decken und dem vielen Marmor geht, bekommt einen Eindruck vom Anspruch preußischer Repräsentationsarchitektur.
Sehr imposant aber auch bedrückend.

Trotz der vielen historischen Bezüge wird das Gelände von den Schönebergern natürlich in erster Linie zur Erholung genutzt. Allzu viel Grün gibt es in dieser Gegend sonst nicht. Es gibt zahlreiche Bänke, auf denen man ein wenig seinen Gedanken nachhängen kann. Vielleicht auch an die vielen Begebenheiten und Menschen, die dieser kleine Park schon erlebt hat.

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