Nach rund 30 Jahren ist die Obere Galerie des Neuen Palais nun seit einigen Tage wieder für die Öffentlichkeit zugänglich. Ein guter Grund, mal wieder einen Ausflug nach Potsdam zu machen.
Der prächtige Bau des Neuen Palais ist derzeit teilweise eingerüstet. Es wird wohl noch ein paar Jahre dauern, bis das Gerüst verschwindet. Die Innenräume können aber besichtigt werden – seit gestern auch wieder der Festsaal mit der Oberen Galerie. Jahrzehntelang war dieser Raum für das Publikum nicht zugänglich. Besonders das kostbare historische Parkett musste geschützt werden. Das wurde nun teilweise überbaut, sodass der Raum betreten werden kann, ohne das empfindliche Holz zu belasten.
Besonders bedeutend in diesem Raum sind sechs in die Wandvertäfelung eingebaute Gemälde. Auch sie wurden nach langer Zeit aufwendig restauriert und untersucht – und strahlen nun wieder in alter Schönheit. Genauer gesagt: fünf davon. Bei einem Bild dauert die Restaurierung noch an.
Das Oberthema der Gemälde, die alle aus dem italienischen Barock stammen, könnte man mit „die ungezügelte Leidenschaft des Mannes“ umschreiben. Friedrich der Große, der die Werke einst erwarb, dachte dabei wohl auch an seinen Neffen, den Kronprinzen. Die Bilder sollten ihm als Mahnung dienen.
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Bei genauerer Betrachtung haben die Szenen allerdings wenig mit romantischer Leidenschaft zu tun. Vielmehr zeigen sie mythologische Geschichten, die Gewalt gegen Frauen thematisieren. Etwa das Bild Lukretia und Tarquinius, auf dem die verheiratete Lukretia vom Königssohn Tarquinius mit einem Dolch bedroht und bedrängt wird.
Was König Friedrich beim Kauf der Bilder nicht wusste: Zwei von ihnen stammen von der römischen Malerin Artemisia Gentileschi (1593–1654). Tragischerweise musste sie selbst in jungen Jahren Gewalt erfahren. Mit 17 Jahren wurde sie von einem Malerkollegen ihres Vaters vergewaltigt. Im anschließenden Prozess musste sie sich öffentlich verteidigen und wurde dabei sogar unter Folter verhört, um ihre Aussage zu „überprüfen“.
Mit diesem Wissen sieht man die Bilder noch einmal ganz anders – gerade auch im Vergleich mit den übrigen Werken, die von männlichen Künstlern stammen.
Die Bildbeschriftungen vor Ort und die kostenfreie Sanssouci-App bieten informative Hintergründe, auch zur spannenden Arbeit der Restaurator:innen. Sie haben die Gemälde bis ins kleinste Detail untersucht und wiederhergestellt. Wer sich die App auf das Smartphone lädt, kann sich damit durch die gesamte Ausstellung führen lassen.
So ausgestattet kann man sowohl den Pomp und Prunk des Schlosses bewundern als auch die historischen Zusammenhänge reflektieren ohne die damaligen Zeiten allzu verklärt zu betrachten.
Ein Rundgang durch das größte der Potsdamer Schlösser lohnt sich auf jeden Fall.
Praktische Tipps
Geöffnet ist das Neue Palais täglich außer dienstags von 10 bis 17.30 Uhr. Der Eintritt kostet 14 €.
Wer noch weitere Schlösser in Potsdam besichtigen möchte, kann auch ein Kombiticket kaufen.
Noch kostenlos kann man den wunderbaren Park besuchen. Das sollte man auf jeden Fall tun und dort einen ausgiebigen Spaziergang machen . Gar nicht weit vom Schloss entfernt liegt auch der sehenswerte Botanische Garten Potsdam,