Mit dem Kulturzug von Berlin nach Breslau

Heute mal wieder ein Ausflugstipp, der etwas weiter von Berlin wegführt. Das Ziel lohnt aber auf jeden Fall die etwas längere Anreise: Es geht ins rund 350 Kilometer entfernte Wrocław (Breslau), die drittgrößte Stadt Polens und Hauptstadt der Woiwodschaft Niederschlesien (Dolnośląskie).

Doch nicht nur das Ziel ist reizvoll – auch der Weg dorthin ist etwas Besonderes. Im April startete der Kulturzug Berlin–Wrocław in seine zehnte Saison. Als Wrocław im Jahr 2016 Europäische Kulturhauptstadt war, wurde diese Sonderzugverbindung erstmals angeboten. Der Erfolg war so groß, dass sie bis heute fortgeführt wird.

So kann man auch 2025 wieder seit dem 11. April bis Ende Dezember an jedem Wochenende ohne Umsteigen und für maximal 27 € von Berlin-Lichtenberg aus in diese sehenswerte Stadt reisen.

Die Fahrt dauert etwa viereinhalb Stunden. Unterwegs gibt es ein wechselndes Kulturprogramm – mal eine Lesung, mal ein Konzert, manchmal ein Workshop. Was genau geboten wird, kann man online in der Programmvorschau nachlesen. Außerdem gibt es an Bord eine kleine Bibliothek mit Büchern und Spielen. Wer mag, kann an einem (nicht ganz einfachen) Quiz teilnehmen oder sich eine kleine Einführung in die polnische Sprache geben lassen.

Man darf allerdings keine Daueranimation erwarten/befürchten. Der Umfang des Programms variiert von Fahrt zu Fahrt. Es herrscht aber stets eine angenehme Atmosphäre, lockerer als bei einer normalen Zugreise.

Noch ein paar praktische Hinweise

Der Zug besteht aus zwei Wagen. Das Programm findet in Wagen 1 statt. Wer dort sitzen möchte, sollte vorher eine Platzreservierung vornehmen. Das geht leider nicht online, sondern nur in den DB-Reisezentren (5,20 € pro Person).

In Wagen 2 kann man nicht reservieren. Es gibt keinen Durchgang zwischen den beiden Wagen – ein Wechsel ist nur an den Bahnhöfen möglich.

Tickets kann man online buchen. Der Zug gilt als Regionalzug. Wer ein Deutschlandticket besitzt, muss also nur die Strecke Cottbus–Wrocław dazubuchen und spart so rund 5 €.

Ab Berlin fährt der Zug jeweils am Freitagnachmittag und Samstagmorgen. Zurück geht es am Sonntagnachmittag (siehe Fahrplan). Natürlich kann man auch nur eine Strecke mit dem Kulturzug fahren. Für die andere gibt es bequeme EC-Verbindungen ohne Umsteigen, mit knapp vier Stunden Fahrzeit.

Der Bahnhof von Breslau

In Breslau angekommen, ist schon der Bahnhof ein echter Blickfang. Er wurde im Tudorstil erbaut und in den letzten Jahren aufwendig saniert. Ein schöner Startpunkt für eine Entdeckungstour. Der Stadtkern lässt sich gut zu Fuß erkunden. Das Kulturzugticket gilt übrigens aber auch für die öffentlichen Verkehrsmittel vor Ort, falls du lieber mit Tram oder Bus unterwegs sein möchtest.

In Bahnhofsnähe gibt es zahlreiche Hotels, Pensionen und Appartements. Für nahezu jedes Budget findet man z. B. bei Booking.com* passende Unterkünfte.

Die Sehenswürdigkeiten der Stadt im Detail zu beschreiben, würde hier den Rahmen sprengen. Zwei Stadtteile will ich aber besonders empfehlen:

Altstadt und Rynek

Am bekanntesten ist sicher die Altstadt rund um den Marktplatz (Rynek). Er zählt zu den größten und schönsten Plätzen Europas – umgeben von prachtvollen Bürgerhäusern, zahlreichen Restaurants und dem imposanten gotischen Rathaus. Hier ist zu fast jeder Tageszeit etwas los. Wer möchte, setzt sich einfach in eines der Lokale und schaut dem bunten Treiben stundenlang zu.

Marktplatz Breslau
Dominsel

Ganz anders ist die Atmosphäre auf der Dominsel (Ostrów Tumski), dem ältesten Teil der Stadt. Rund um die Kathedrale St. Johannes der Täufer, meist schlicht Dom genannt, finden sich viele kirchliche Einrichtungen. Die Gegend wird deshalb gelegentlich auch als „kleiner Vatikan“ bezeichnet. Sehr lohnend ist auch ein Blick vom Nordturm des Domes. Praktischerweise gibt es einen Fahrstuhl nach oben. Man muss allerdings erst einmal 40 Stufen durch eine recht enge Wendeltreppe laufen, um den Fahrstuhl zu erreichen.

Besonders abends entfaltet sich dort eine besondere Stimmung: Die alten Gaslaternen werden noch heute von Hand entzündet – von einem Mann im historischen Gewand, der rund 30 Minuten vor Sonnenuntergang seine Runde beginnt.

Auf der Dominsel liegt auch der sehenswerte Botanische Garten – ein echter Ruhepol mitten in der Stadt.

Blick auf die Dominsel
Eine Stadt zum niederknien

Es gibt eine Besonderheit in Breslau, die dazu führt dass, man immer wieder Menschen sieht, die auf dem Boden niederknien. Das ist in diesem Fall keine religiöse Geste, sondern dient in der Regel dazu einen der inzwischen fast 1000 Breslauer Zwerge zu fotografieren.

Die Breslauer Zwerge (polnisch: Wrocławskie krasnale) sind kleine Bronzefiguren, die heute das Stadtbild von Breslau (Wrocław) prägen. Ursprünglich entstanden sie als Symbol des friedlichen Protests gegen das kommunistische Regime in den 1980er Jahren.

Es gibt sogar eine Smartphone App mit der man sich die Standtorte aller Zwerge anzeigen lassen kann.

Maler Zwerg in Breslau

Über diese faszinierende Stadt ließe sich noch viel mehr erzählen: von der wunderschönen alten Universität, den 100 Kirchen, den Museen und Grünanlagen, dem guten Essen, der Markthalle und, und, und. Vielleicht schreibe ich irgendwann mal einen kleinen Reiseführer darüber und versuche mich als Breslauspazierer.

Die Verbindungen zwischen Berlin und der schlesischen Hauptstadt sind traditionell eng. Kurt Tucholsky wird der Satz zugeschrieben: „Jeder anständige Berliner kommt aus Breslau.“ Ganz genau belegt ist das zwar nicht, aber charmant ist es allemal.

Auch in Berlin findet man übrigens einen der Breslauer Zwerge. Passenderweise steht er am Breslauer Platz in Berlin-Friedenau.

Der frühere Stadtpräsident von Wrocław, Rafał Dutkiewicz, drehte das Tuholsky-Zitat später augenzwinkernd um: „Jeder anständige Berliner kommt nach Breslau.“ Dem kann ich mich nur anschließen. Es war bestimmt nicht mein letzter Besuch dort.

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