Das Romanische Café – Erinnerungen an einen legendären Ort

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Gegenüber der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, dort, wo heute das Europa-Center steht, befand sich einst eines der bekanntesten Cafés Berlins. Das »Romanische Café« war besonders in den 1920er-Jahren der Treffpunkt für Künstler und Intellektuelle in der Stadt.

Eine Ausstellung im Europa-Center erinnert jetzt, quasi am Originalstandort, an diesen kulturgeschichtlich wichtigen Ort.

Wer an dem Ladengeschäft im Erdgeschoss des Europa-Centers vorbeiläuft, könnte zunächst vermuten, dass dort ein neues Café eröffnet hat. »Romanisches Café« steht groß über dem Eingang. Einen Kaffee trinken kann man dort aber leider nicht, dafür bekommt man spannende Informationen über dieses legendäre Caféhaus.

Es war nicht nur ein Ort der Entspannung und Geselligkeit, sondern für viele auch ein Arbeitsplatz. Heute würde man wohl Co-Working-Space dazu sagen. Statt eines Laptops hatte man Stift oder Feder und Papier dabei. Im Notfall brachte der Kellner die benötigten Utensilien. Bis zu einem halben Liter Tinte wurde hier am Tag »ausgeschenkt«.

Das eine oder andere literarische Werk wurde hier verfasst oder wenigstens geplant (Buchtipp). Auch für die Vermarktung war ein Besuch im Café hilfreich. Verleger wie Ernst Rowohlt oder Ullstein gehörten zu den Stammgästen und trafen hier auf Autoren wie Stefan Zweig oder Erich Kästner.

Auch die Maler hatten ihren eigenen Stammtisch. Max Liebermann, Christian Schad und auch Jeanne Mammen, die Ihr Atelier ganz in der Nähe hatte, gingen hier ein aus.

So viel Prominenz zog natürlich auch Schaulustige an. Sehen und gesehen worden war auch damals schon ein Thema.

Weniger wichtig war dagegen das gastronomische Angebot. Die Qualität des Essens soll nicht so berauschend gewesen sein. Viele der oft abgebrannten Künstler hätten sich das ohnehin nicht leisten können. Sie klammerten sich oft den ganzen Tag an eine Tasse Kaffee und nutzten lieber das umfangreiche Angebot an Zeitungen, die einem auf Wunsch ein spezieller Zeitungskellner an den Tisch brachte.

Man kann ein wenig neidisch werden, wenn man von dieser Caféhauskultur vergangener Zeiten hört. Viel übrig geblieben davon ist im Zeitalter des »Coffe To Go« leider nicht in Berlin.

Wie so vieles fand auch das lebendige Treiben im »Romanischen Café« ein Ende mit der Machtergreifung der Nazis. Viele der Stammgäste verließen das Land oder wurden verfolgt und eingesperrt. Intellektuelle und künstlerische Diskussionen wurden nicht mehr in der Öffentlichkeit geführt, sondern fanden bestenfalls im noch privaten Kreis statt.

Nach einem Bombenangriff im November 1943 war es dann endgültig vorbei mit dieser Caféhauslegende. Das Haus wurde zerstört. Übrig blieb nur ein Haufen Schutt und Asche.

Den Ausstellungsmachern rund um die Kulturwissenschaftlerin Katja Baumeister-Frenzel ist es zu danken, dass an diesem Ort nun wieder erinnert wird und man ein wenig vom Flair der damaligen Zeit spüren kann. Bei den zahlreichen Besuchern dieser kleinen, aber feinen Ausstellung kommt das auf jeden Fall gut an.

Ich habe mehrfach mitbekommen, wie in der Ausstellung Menschen miteinander ins Gespräch kamen über die damalige Zeit, über Architektur und über eigene Erinnerungen und Erlebnisse. Fast wie in einem guten Caféhaus.

Noch bis zum 30. Juni 2024 kann man die Ausstellung täglich außer dienstags von 12 bis 19 Uhr besichtigen. Der Eintritt ist frei. Verlängert bis Ende Januar 2025

Es wäre schön, wenn sich zumindest in der Nähe ein Ort finden lassen würde, wo die Ausstellung dauerhaft gezeigt werden kann.

Weitere Informationen

Website zur Ausstellung

Podcast »Goldstaub« mit der Folge »Ein Tag im Romanischen Café«

Digitale Rekonstruktion des „Romanischen Cafés“ bei Youtube

Buchtipp: Im Romanischen Café: Ein Gästebuch

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