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Friedhof der Namenlosen
Sehr versteckt im Grunewald liegt ein ganz besonderer Friedhof. Hier wurden bis vor rund 100 Jahren die beerdigt, die auf anderen Friedhöfen nicht erwünscht waren. Selbstmord galt damals als Todsünde und solche Menschen wollte man nicht in geweihter Erde beisetzen.
Es waren nicht wenige, die Anfang des 20. Jahrhunderts am Leben verzweifelten und keinen anderen Ausweg als den Freitod sahen. Dienstmädchen, die von ihrem Herrn geschwängert wurden oder Menschen, die sich keine medizinische Behandlung leisten konnten, sind nur zwei Beispiele. Oft führte sie ihr letzter Weg ins Wasser.
Am nahegelegen Havelufer wurden häufiger Wasserleichen angeschwemmt und stellten den zuständigen Oberförster vor Probleme. Meist wurden sie einfach in der Nähe des Fundortes verscharrt. Im Laufe der Jahre entstand eine offizielle Begräbnisstätte. Der Oberförster Willy Schulz kümmerte sich darum. Er starb 1929 und wurde selbst auf diesem Friedhof beigesetzt. Ein lapidares “Jagd vorbei” steht auf den mittlerweile recht verwitterten Holzstelen, die sein Grab zieren.
Auch die Gräber von fünf zarentreuen Russen finden sich auf dem Friedhof. Sie gingen ins Wasser aus Trauer über die gelungene Oktoberrevolution 1917. Ihre Kreuze mit kyrillischen Inschriften sind gleich in der Nähe des Eingangs des Friedhofes zu sehen.
Bis Ende der 1920er-Jahre wurde der Friedhof als Beerdigungsstätte vorwiegend für Selbstmörder genutzt. Danach wurde er auch für andere Beisetzungen geöffnet. Das Gelände wurde mit einer Mauer umfriedet und regelmäßig gepflegt.
Aber auch in dieser Zeit fanden viele unbekannte Tote ihr letzte Ruhestätte hier. Menschen, die in den letzten Tagen des 2. Weltkrieges ums Leben gekommen waren und in den Trümmern gefunden wurden, wurden hier beerdigt. Oft waren sie nicht mehr zu identifizieren.
Eine Grabstätte, die auch heute noch häufiger besucht wird, ist das Grab von Christa Päffgen, besser bekannt als Nico. Sie war in den 1950er-Jahren das erste international bekannte deutsche Model und eine schillernde Figur in der Musikszene. Andy Warhol brachte sie als Sängerin zur Band “The Velvet Underground”. Sie war bekannt und teilweise auch liiert mit zahlreichen Musiklegenden wie Lou Reed, Bob Dylan oder Jimmy Page. Noch heute legen ihr Fans kleine Geschenke auf das Grab.
Neue Grabstellen werden auf diesem Friedhof nicht mehr vergeben. Wenn die Nutzungsrechte der Grabstellen abgelaufen sind, wird er möglicherweise ganz geschlossen werden. Viele Gräber sind schon jetzt von der Natur überwuchert, was den Reiz dieses Orts noch besonders verstärkt. Sicherlich einer ungewöhnlichsten und verwunschensten Friedhöfe in Berlin.
Um den den Friedhof zu erreichen, muss man schon etwas laufen. Entweder von der Havelchaussee aus (ca. 1,5 km) oder man macht einen schönen Spaziergang vom S-Bahnhof Grunewald aus (ca. 5 Km).
Weitere Informationen
Ausführlicher Beitrag in “OHLSDORF – Zeitschrift für Trauerkultur“